Von Asbe Teferi ging es weiter nach Dire Dawa. Da unser Hotel, welches wir im Reiseführer vorgemerkt hatten, bereits voll war, sind wir im „Continental Hotel“ abgestiegen, unser Zimmer kann man auf folgendem Bild bewundern.
In Dire Dawa gibt es einen Bahnhof der Bahnstrecke Djibuti – Addis Abeba, welche aber momentan nur zwischen Dire Dawa und Djibuti in Betrieb ist. Wir wollten den Bahnhof mal ansehen, was aber leider nicht möglich war, ein Aufseher hat uns weggeschickt. Am nächsten Tag haben wir beim Frühstück aber zwei ältere italienische Herren getroffen, die bei der Widerinstandsetzung des momentan nicht funktionierenden Streckenteils mithelfen. Sie erzählten uns daß die Europäische Union dazu Mittel bereitstellt, aber sie kommen nicht wirklich voran – in vier Jahren wurden ganze 4 Kilometer repariert. Teil des Problems scheint zu sein, daß die Schienen zusammengeschweißt werden müssen. In Europa macht man das eigentlich nur bei Hochgeschwindigkeitsstrecken, aber hier ist das auch nötig, weil die Schienen sonst geklaut werden.
Nachdem wir die Italiener verabschiedet hatten hat sich ein Junge zu uns an den Tisch gesellt und wollte uns mal wieder davon überzeugen, daß wir ihm Geld geben sollten. Seine Masche war, daß er Bücher für die Schule brauche. Spätestens als er sein Handy auspackte war jedoch klar, daß er nicht unbedingt zu den Bedürftigsten gehört. Da er sich nicht so leicht abwimmeln lies gaben wir ihm dann unsere äthiopische Handynummer – ein Fehler: ca. 30 mal versuchte er danach, uns anzurufen, meistens nur durch kurzes anklingeln. Manchmal gelang es mir abzuheben, worauf er dann anfangs lustige Ansagen machte wie „Where is my money?“ oder „You give me my money?“ (worauf ich antwortete „No“, was er wiederrum mit „OK“ kommentierte und auflegte). Als er merkte, daß bei uns nichts zu holen ist ging er dazu über Schimpfworte mit Fäkalbegriffen zu vermischen und uns diese anzusagen. Etwas später ist er uns dann auch nochmal auf dem Markt über den Weg gelaufen, und hat es wieder versucht – als ob wir jemandem Geld geben würden der uns vorher beschimpft.
Nach dem Marktbesuch in Dire Dawa sind wir mit dem Minibus weiter nach Harar gefahren und haben im Ras Hotel eingecheckt, welches zwar von Außen und von der Lobby her einen ganz passablen Eindruck machte, aber ein Zimmer zu bieten hatte, welches von der Größe her sicher auch in ein japanisches Schuhschachtelhotel gepasst hätte. Außerdem zeichnet sich das Hotel durch einen Zeitplan aus, zu dem es Wasser gibt, nämlich früh morgens und abends, nicht jedoch nachmittags. Das war insofern etwas ungünstig, da wir uns dadurch nicht in der Lage sahen, die Hinterlassenschaften unseres Vormieters im Klo zu beseitigen.
Ein kleiner Spaziergang durch die Stadt war durchaus lohnenswert. Die anschließende Hyänenfütterung, bei der ein Einheimischer täglich wilde Hyänen mit Schlachtabfällen füttert, war jedoch etwas enttäuschend, besonders weil sie im Lonely Planet als ziemlich spektakulär beschrieben wurde, und außerdem in Anbetracht der lokalen Gegebenheiten und der gebotenen Leistung ein richtiger Wucherpreis verlangt wurde.
Am nächsten Tag haben wir uns dann den Rest der Stadt inclusive zweier Museen angesehen. Interessant war vor allem das Museum, welches im Wohnhaus von Arthur Rimbaud untergebracht ist und Bilder von ihm zeigt. Dabei handelt es sich um einen französischen Abenteurer, der im 19. Jahrhundert als Araber verkleidet in Harar lebte. Außerdem sehenswert in Harar ist die Stadtmauer mit den dazgehörigen Toren.
Nach dem Mittagessen haben wir unser Gepäck aus dem Hotel geholt und sind weiter nach Jijiga gefahren. Glücklicherweise haben wir unweit des Hotels direkt einen Minibus gefunden, der nach Jijiga fahren wollte. So haben wir uns gespart, das Gepäck noch bis zum Busbahnhof zu tragen. Der Minibus ist dann trotzdem noch zum Busbahnhof gefahren, wo wir dann mal wieder die lustige, jedoch absolut undurchschaubare Choreographie der Minibusse beobachten konnten: diese stehen hier nicht einfach am Busbahnhof herum, sondern rangieren permanent herum, wechseln den Stellplatz, blockieren irgendwelche Zufahrten, stellen sich anders hin damit noch ein anderer Minibus parken kann, oder drehen einfach mal den Motor hoch um den Fahrgästen zu signalisieren, daß es demnächst losgehen könnte. Demnächst steht hier mitunter auch für längere Zeiträume, z.B. eine halbe Stunde. Wir haben das von einem Cafe neben dem Busbahnhof aus beobachtet, bis wir dann hastig zu unserem Minibus gerufen wurden, nur um festzustellen, daß es doch noch ein bißchen dauert. Gedauert hat es insbesondere deswegen, da der Fahrer und der Schaffner sehr damit beschäftigt waren, die riesigen Chat-Mengen der anderen Fahrgäste zu verstauen, die diese buchstäblich Säckeweise dabei hatten.
Die Strecke von Harar nach Jijiga ist landschaftlich wirklich sehenswert, man kommt dabei durch das sogenannte „Valley of Marvels“, welches sich durch groteske Steinformationen auszeichnet. Schade, daß wir mit dem Minibus unterwegs waren, sonst hätte man da mal aussteigen können.
In Jijiga war erstmal das erste Hotel voll belegt, in das wir einchecken wollten. Das zweite hat uns dann aufgenommen. Zum essen gab es erstmal somalisches Essen, Jijiga ist die Hauptstadt der Provinz Somalia in Äthiopien. Das somalische Essen bestand aus einem Haufen Reis, und dazu einem Klotz Fleisch aus dem Suppenkessel, dazu Guava-Saft. An sich ganz lecker, bloß frage ich mich wie man den Reis mit den Händen essen soll. Der Reis ist nichtmal ein Klebereis wie bei den Asiaten, sondern Milchreis, der also kaum mit dem Händen greifbar ist. Und Fladenbrot wie bei den Äthiopen, das man zum packen des Essens verwenden könnte, gab es auch nicht.
Nach dem Essen gab es Tee, an dem man wieder ein Phänomän dieser Region erkennen konnte. Die Äthiopier scheinen eine Technik perfektioniert zu haben, wie man möglichst viel Zucker in möglichst wenig Flüssigkeit lösen kann. Das merkt man insbesondere beim Konsum von Softdrinks wie Cola, Fanta oder Mirinda (das ist das Fanta-Pendant der Pepsi Corporation), die so süß schmecken, als würde man reinen Zucker lutschen. Die Somalis haben es offensichtlich geschafft, die Technik des Zuckerlösens zu kopieren und diese auf ihren Tee anzuwenden, der abgesehen von der Temperatur kaum von den hiesigen Softdrinks zu unterscheiden ist. Um diese Technik perfekt anzuwenden zu können, ist es selbstverständlich, daß der somalische Tee bereits beim Ausschenken gezuckert ist.
Nach dem Essen haben wir uns dann die mutmaßlich vorerst letzten Biers dieser Reise gegönnt, da ja die folgenden Länder aus religiösen Gründen eher auf den Verkauf alkoholischer Getränke verzichten. Schade eigentlich, ist doch das äthiopische Bier eines der wenigen Getränke, das ohne die obligatorische Überdosis Zucker auskommt.